Gemeingut / Gemeinschaft / Partizipation

Die Idee der Gemeingüter ist ohne die Bindung an konkret handelnde Menschen in bestimmten sozialen Umgebungen nicht denkbar. Die Gemeinschaft oder all jene Menschen, die gemeinsam eine Ressource nutzen, machen Ressourcen überhaupt erst zu Gemeingütern. Gemeinsam ist den Gemeingütern, dass die Regeln von der jeweiligen Nutzergemeinschaft weitgehend selbst bestimmt werden sollten. Das gelingt nur, wenn eine Gruppe von Menschen ein gemeinsames Verständnis vom Umgang mit einer Ressource entwickelt. Den komplexen sozialen Prozess dahinter bezeichnet der amerikanische Historiker Peter Linebaugh als commoning.

Silke Helfrich

 

Der Blickwinkel der praxis communis eröffnet die Möglichkeit zu überdenken, was wirksames Handeln in der gebauten Umwelt bedeutet und in welcher Beziehung es zur Frage der Pflege gemeinschaftlicher Ressourcen steht. In diesem Zusammenhang sind wir aufgefordert, die Architektur der Stadt stärker als eine Angelegenheit kollaborativer Praktiken zu sehen, als ein Zusammenwirken sogenannter Fachleute, also Planer*innen, Handwerker*innen und Ingeneur*innen, aber auch »Laien«, die ebenfalls über wichtiges Wissen über ihre Stadt verfügen. Die Komplexität der Interaktion zwischen diesen verschiedenen Akteur*innen als Angelegenheiten des Sorgetragens, der affektiven Arbeit und des Ausverhandelns zu verstehen, führt uns möglicherweise zu anderen Entwurfshaltungen in Bezug auf die Stadt.

Tom Avermaete

 

Ich möchte vorschlagen, dass Institutionen Formen der Vorhersehbarkeit sind, ein Ordnen der Zukunft, das einem bestimmten Verständnis der Vergangenheit entspricht. Wir sollten versuchen, uns Institutionen des Gemeinschaffens als eine andere Art von Vorhersehbarkeit vorzustellen, als eine, die Differenz wie auch Unvorhersehbarkeit duldet […] sie als Mittel zu betrachten, die Menschen einsetzen, um ihre Gewohnheiten neu zu definieren.

Stavros Stavrides

 

Das Gemeinschaftsdenken muss aus seiner Verankerung im romantischen Begehren gelöst werden. Es geht um die Verwirklichung einer Vorstellung gemeinsamen Werdens, die um die eigene Fundamentlosigkeit weiß, also weiß, dass das Vertretene nicht vor seiner Vertretung existierte, dass Einheit und Identität konstitutiv abwesend, aufgeschoben und beständig im Kommen bleiben.

Juliane Spitta

 

Vor Ort tätige Aktivist*innen, in Gemeinschaftsgärten engagierte und ortsansässige Bewohner*innen treffen Menschen aus Lehre, der Wissenschaft und der Kunst. So entsteht nicht einfach nur eine »Brücke« zwischen bürgerlichem Engagement und Lehr- oder Kulturinstitutionen, es sollen vielmehr gegenseitige Beziehungen aufgebaut werden. […] Projekte wie diese [Anm.: Rhyzom, 2010] können nicht nur translokale, sondern auch transversale Verbindungen schaffen und den Kontext formen, in dem sich unsere Betrachtungsweise durch die Konfrontation und Verbundenheit mit anderen Lebensweisen verändert.

Kim Trogal